Wenn man in eine Welt eintauchen will, die versucht ohnmächtige Illusionen Realität werden zu lassen und glaubwürdige Idealisten zu ihren Protagonisten erklärt, sollte man sich diesen Film anschauen.
Besser als sein Vorgänger Die fetten Jahre sind vorbei kommt dieser Film des Regisseurs Hans Weingartner irgendwie noch überwältigender und zugleich traumhafter daher. Vielleicht ist es die Mischung der sehr unterschiedlichen aber allesamt glaubwürdigen und auf ihre eigene Art beeindruckenden Charaktere, die diesen Film so bodenständig erscheinen lässt, obwohl er den Zuschauern einen Traum präsentiert, der leider fasst schon utopisch scheint. Doch gerade die Utopie dahinter sowie die Dystopie im Film ist das die Realität -, die das zu lösende Problem der Geschichte darstellt, machen den Film zu einem Abenteuer.
Der TV-Produzent Rainer (grandios verkörpert durch Moritz Bleibtreu), ein koksendes Arschloch, das für Quoten über Leichen gehen würde, wird von der schönen und wilden Pegah (Elsa Sophie Gambard) in einen lebensgefährlichen Unfall verwickelt. Diese will sich damit für den Tod ihres Großvaters rächen, welcher letztendlich auf die unseriöse Berichterstattung einer von Rainer produzierten Sendung zurückzuführen ist. Nach diesem Unfall und einem bizarren, obgleich bedeutungsschweren Albtraum steigt Rainer aus der überbunten, falschen, albtraumhaften Glitzerwelt des Unterhaltungsfernsehens aus und startet einen Feldzug gegen jene Welt, die ihn selbst fast zerstört hat. Zusammen mit Pegah und einer Gruppe anderer von diesem System enttäuschten Menschen, die alle gemein haben, dass sie aus dem großen Karussell der kaltherzigen, schnelllebigen und profitorientierten Welt gefallen sind und dennoch den Glauben an eine bessere Welt nicht verloren haben, startet Rainer eine regelrechte Guerilla-Aktion, die die Medienverhältnisse mächtig umkrempeln soll.
Der Film thematisiert knallhart aber stellenweise auch in leisen Tönen, was so manchem schon oft im Kopf herum spukte: Sollen wir alle verblöden, damit wir uns stupide einreden lassen, dass wir so wie wir sind für den Wettbewerb des Lebens nicht geeignet sind und dass wir nur zu unserem Seelenheil finden, indem wir künstlich kreierte Wünsche befriedigen, um letztendlich nur als Mittel zum Zweck zu dienen, sodass der Normalbürger ganz bewusst zu einer längerfristig funktionierenden menschlichen Konsumkurbel degradiert wird, die die Überlegenheit der Elite sichert? Sind wir Werkzeuge in einem größeren Spiel? Die Frage, die sich danach stellt lautet: Wie kann man dem geistig-kulturellen Verfall entgegenwirken?
Die Arbeitsthese des Films ist ein Szenario, dass der Brave New World in seinen Grundzügen stark ähnelt, die einst schon Aldous Huxley entwarf, nämlich, dass eine kleine, nicht zwingend glücklichere Elite, die Masse bewusst dumm halten möchte, damit diese brav im Hamsterrad des Systems verweilt, die Wirtschaft auf diese Weise unterstützt und dass laut diesem Film das Fernsehen mit seiner maßlosen, quotenbesessenen Unterhaltungsindustrie ein unglaublich wirksames Werkzeug auf dem Weg zur Verwirklichung und Erhaltung dieser Absicht darstellt. Doch zwei Faktoren sind bei dieser Überlegung nicht berücksichtigt, die der Film gekonnt als Aktionshebel nutzt: zum einen das Vertrauen in die Reste geistigen Potentials der Bevölkerung, zum anderen eine Handvoll Menschen, die den Mut haben ihre Ideale umzusetzen. Ideale, die eine freie Denkkultur vorsehen, welche das Fernsehen höchstens als Medium sieht, das sinngeladenes und geistig stimulierendes Wissen an jeden einzelnen heranträgt und Ideale, die das Menschsein, Liebe und wahres Teamwork nicht mit dem Ziel der effektiveren Profitmaximierung als vielmehr für eine gemeinsame Sache zulassen. Diese kleine Gruppe um Rainer entschließt sich Quotenmessungsgeräte zu manipulieren, um die Bevölkerung nunmehr statt mit hirnlosen und letztendlich nur auf mehr Konsum ausgerichteten Programmen mit kulturellem Input zu versorgen und damit eine Umkehrung des dystopischen Prozesses jener fatalen Medienrealität hervorzurufen. Was dieses waghalsige Unterfangen für Folgen hat, soll an dieser Stelle offen bleiben und ein kleiner Anreiz sein sich diesen Film doch einfach selbst anzusehen.
Ein unglaublich intelligenter Film, der Kritik übt, es aber an viel Humor nicht fehlen lässt!
Es wird sich am Ende auszahlen!
Free Rainer Dein Fernseher lügt!
Täglich um 17:30, 20:15 und 23:00 im Cinemaxx Mannheim und im Odeon Mannheim
Relevante Links:
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CinemaxX
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Atlantis/Odeon
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