Der Film
In wahrscheinlich gar nicht allzu ferner Zukunft. Theodore (Joaquin Phoenix) ist mehr als unglücklich. Er steckt gerade mitten in der Scheidung und auch sein Job als Autor von persönlichen Briefen gibt ihm nicht mehr die Zufriedenheit wie einst.
Dann aber erfährt er durch eine Anzeige im Bahnhof von einem neuen IOS System, welches ihm durch eine ganz neue Art der Technologie und perfekt auf seinen Charakter abgestimmt helfen soll, sein Leben wieder zu richten.
Das IOS Programm - sie selbst nennt sich Samantha (Scarlett Johansson) - ist außergewöhnlich menschlich und ist abgesehen vom fehlenden Körper kaum noch von einem Menschen zu unterscheiden. Sie sortiert ihm nicht nur seine Emails und gibt ihm Auskunft über seinen Terminplaner, sondern entpuppt sich auch als witzige Gesprächspartnerin. Eine Liebe der nächsten Zivilisationsstufe zwischen Mensch und Computerprogramm beginnt.
Die Analyse
Ich gebe ehrlich zu: Ich ging aus dem Film und war verwirrt. Und das nicht, weil mir etwas an der Story unklar war oder ich eine Pointe nicht verstanden hatte, sondern einfach, weil mir ein solches Szenario so unvorstellbar vorkam.
Ich konnte mich in den Protagonisten nicht wiederfinden. Fand die dort beschriebene Zukunft so übertrieben und unglaubwürdig - und doch ließ mich der Gedanke nicht los, dass wir uns schon auf dem Weg dorthin befinden und es nicht so unwahrscheinlich ist, wie es in meinem Kopf aussah.
Siri ist zwar bei weitem nicht so intelligent wie Samantha in dem Film, und dennoch gibt es schon Menschen, die sich in Siri verliebt haben. In eine einfache Computerstimme, die mit ihren vorprogrammierten Antworten zur Hilfe steht. Was wäre wenn Siri sich immer weiterentwickeln lässt? Dazulernen kann? Gefühle versteht? Mimik erkennen kann, Stimmnuancen interpretieren kann?
Mir gefallen die Gedanken, die der Film ins Rollen bringt:
Geht so etwas? Ganz auf den Tastsinn verzichten? Sich in einen Computer verlieben? Darauf verzichten einem Gegenüber in die Augen zu blicken und dessen leuchtenden, verliebten Augen zu sehen?
Ich erwische mich jedoch ständig dabei fragend die Stirn zu runzelnd und ungläubig Theodores handeln zu beobachten. Irgendwie wirkt es mir dann doch zu fremd. Die Liebe zwischen den beiden wird mir zu schön dargestellt. Zu undurchdacht.
Wird etwas in Frage gestellt, so scheint dies nur für einen kurzen Augenblick. Die Thematik, die hinter diesem - doch irgendwie wichtigen, weil greifbaren - Thema steckt wird für mich viel zu wenig angekratzt. Es geht viel mehr um die Beziehung zwischen den beiden und wie sie sich Schritt für Schritt entwickelt als darum das menschlich Sein eines jeden Menschen oder gar Konfliktsituationen aufzubringen. Und das macht den Film immer unglaubwürdiger für mich. Zu einfach. Zu Science Fiction.
Zu den Schauspielern kann man nicht viel sagen, da man nicht viele wirklich oft zu Gesicht bekommt - klar, diese sind eher nebensächlich in der Zukunft - bis auf Joaquin Phoenix. Und dieser spielt nicht schlecht, aber auch nicht überragend gut. Er ist eben das Mittel zum Zweck, derjenige, der Samantha einen Charakter gibt und den Film trägt, und dafür macht er seine Aufgabe ganz gut. Ob er mir deswegen weiter im Gedächtnis bleiben wird? Wohl eher nicht. Und seinen Bart empfand ich als störend
Immer wieder bleiben ein paar Fragen für mich offen und ich erkenne Lücken in der konstruierten Zukunft, die für mich keinen Sinn ergeben. Man merkt, dass Spike Jonze großen Spaß daran hatte sich eine Technologie-starke Zukunft zurecht zu spinnen, doch manche Gedankengänge scheinen mir nicht schlüssig.
So zum Beispiel Theodores Job, intime und persönliche Briefe für andere Leute zu verfassen. Warum sollte man so etwas von jemand fremden machen lassen, wenn der andere einem doch etwas bedeutet? Geht darin nicht der Sinn von Liebesbriefen verloren? Was war sein Gedanke hinter einem solchen Job?
Es gibt noch viele andere Zukunftsvisionen, die mir unschlüssig erscheinen, doch diese alle aufzuzählen, wäre nun zu viel - vielleicht hat ja aber jemand in den Kommentaren Lust auf eine Diskussion darüber
Für mich blieb am Ende folgender Gedanke: Bleibt nur zu Hoffen, dass es eine solche Technologie nie wirklich geben wird. Zum einen wäre das dann doch ganz schön traurig, wenn die Menschen bald gänzlich darauf verzichten ihren Gegenüber in die Augen zu sehen - und spinnt man diesen Gedanken weiter, so würden die Computer - die ja dann auch eindeutig intelligenter als der Mensch sind, sicherlich bald die Welt an sich reißen - was sollte sie denn noch davon abhalten, wenn sie alles erdenken, fühlen und machen können?
Das Fazit
Man möchte "Her" gern haben. Die Thematik fasziniert. Und dennoch fehlt einem etwas. Es ist ein Film der zum Nachdenken anregt. Der trotz Lücken fesselt. Doch mich hat irgendwie mit einer kleinen Leere im Magen stehen lässt. Mit zu vielen Fragen. Zu vielen "Ach so n Quatsch" Momenten. Dennoch sehr empfehlenswert und regt zum Umdenken an!