Artikel: Vater? Mutter? Oder Umma? [ Film ]
29.11.2012  |   Klicks: 3328   |   Kommentare: 0   |   Autor: Dite
Vater? Mutter? Oder Umma?
Maren möchte ihren Vater kennenlernen, doch der ist gerade dabei sich selbst als Frau kennenzulernen.
Wie wir euch bei Schneckenhof ja bereits berichtet haben, (hier http://www.schneckenhof.de/ArtikelAnzeige?articlei d=2066 )
lief am Dienstagabend auch in Heidelberg "TRANSPAPA" an, ein Film der frischgebackenen Diplomabsolventin Sarah Judith Mettke, die sowohl Regisseurin als auch Drehbuchautorin in diesem Film war.

Die Story

Maren (Luisa Sappelt), gerade mitten in der Pubertät und (wie das so üblich ist) absolut genervt von ihrer Mutter (Sandra Borgmann) erfährt an ihrem Geburtstag, was die Mutter ihr jahrelang verheimlich hat: Ihr Vater ist damals nicht einfach so abgehauen und hat die Familie zurückgelassen. Er ist jetzt eine sie und nicht mehr Bernd, sondern Sophia (Devid Striesow) .
Nach dem ersten Schock beschließt Maren heimlich ihren Vater zu besuchen und nicht nur sie muss feststellen, dass ihr Gegenüber sich ganz schön verändert hat. Auch Sophia hat mit der Veränderung ihrer Tochter zu kämpfen: sie ist nicht mehr das kleine Kind, das Bernd einst zurückgelassen hat. Obgleich Sophia überglücklich ist wieder ihre Tochter bei sich zu haben, weiß Maren nicht wie sie mit der Situation umgehen soll und kommt nur schwer aus sich heraus, schließlich gibt es – laut Sophia – ihren Vater gar nicht mehr.

Die Analyse

Als ich von dem Film erfuhr, musste ich sofort an einen guten Bekannten meinerseits denken, der mit einer ähnlichen Familiengeschichte konfrontiert war und kontaktierte diesen unverzüglich. Witziger Weise erfuhr ich, dass sein "Vater" für diesen Film sogar mit der Regisseurin im Kontakt stand. Dass dieser Film also realistisch und wahrheitsgetreu werden würde, war mir von diesem Moment an klar.
Der Film ist mit Hilfe von viel Recherche (und Treffen mit verschiedenen Personen) nicht frei aus ihrer Fantasie entstanden – er ist wie sie selbst sagt "zu ihr gekommen und wollte erzählt werden." Und das merkt man auch: Sarah Judith Mettke, die zwei Jahre lang an dem Drehbuch schrieb, erzählt realistisch und echt.
Nicht zuletzt wegen dem Drehbuch, aber auch wegen der schauspielerischen Höchstleistung, nimmt man den Charakteren ihre Geschichte und ihre Problematik ab.

Es handelt sich weniger um die Geschichte der Transsexualität von Marens Vater, als um das wieder Aufeinandertreffen der beiden und deren Suche nach sich selbst. "Es ist nicht einfach eine Frau zu sein." Sie befinden sich sozusagen beide in der Pubertät auf dem Weg zur Frau und sind noch dazu damit konfrontiert wieder ZU EINANDER zu finden.
Nicht ganz einfach, wenn man nun eine Frau "Mutter" nennen soll, die doch viele Jahre lang nicht mal der Vater war.
Dabei fällt das Thema der Transsexualität immer mehr in den Hintergrund, obgleich diese Problematik natürlich nicht unerzählt bleibt: Von den Problemen einen Job zu finden oder der Abneigung auf die man im Alltag trifft.

Der Film erzählt ganz "leicht" die Geschichte der beiden. So leicht, dass ich mir ab und an wünschte, dass man doch etwas mehr von Sophias Seelenleben und inneren Konflikten erfahren würde – schließlich ist es genau das was fremd ist. Doch in "TRANSPAPA" ist Sophia einfach Sophia. Und irgendwann kommt es, dass man gar nicht mehr groß darüber nachdenkt, dass sie mal ein Mann war. Einerseits ist dies natürlich sehr angenehm, weil er so auch für das vielleicht etwas "abgeneigtere" Kinopublikum eignet. Andererseits ist dies doch bei vielen sicher genau die Thematik wegen welcher der Zuschauer sich dazu entschloss den Film zu sehen. Doch es geht in diesem Film nicht um Erklärungen oder Rechtfertigungen und das macht ihn gleichzeitig so tolerant. Er ist nicht radikal, sondern natürlich. Es zeigt nicht die rosa, Glitzer, Leder Welt von Transvestiten, sondern die normale eines Transsexuellen.

Was mich ebenfalls etwas störte, war der Charakter Maren, der doch mit der Zeit etwas nervig ist. Ich begann mich zu fragen, ob ich mich in der Pubertät auch so furchtbar und contra-eingestellt gegenüber meinen Eltern verhalten hatte. Aber da ist sicherlich auch jeder anders
Dennoch wunderbar gespielt! Luisa Sappelt schafft es weniger durch Worte, als durch Gesten, Mimik und Reaktionen das Innerste von Maren zu präsentieren.

Obgleich dieser Film – wie mehrmals von Seiten der Regisseurin betont – keine Komödie ist, lässt er schmunzeln und drückt nicht allzu sehr aufs Gemüt. Er verläuft charmant und locker gerade aus und mit viel Liebe zum Detail. Die lange Arbeit am Drehbuch zeigt sich in vielen wiederkehrenden Motiven - da schaut man über die kleinen Continuity Fehler ab und an gerne hinweg!

Fazit

Der Film ist definitiv anders. Ich könnte mir vorstellen, dass viele schon in Vornherein von der Geschichte abgeneigt sein werden, obwohl "TRANSPAPA" für die breite Masse gemacht wurde.
Denn der Film wird so leicht und unbeschwert erzählt, dass er dem Zuschauer in keiner Weise eine Meinung aufzwingt. Er gewehrt nur Einblick in faszinierende Charaktere, die zu sich selbst finden wollen wie wir alle im Leben - und das macht den Film gefühlsgeladen und sehenswert.

Derzeit im Karlstorkino Heidelberg.
 
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