Artikel: Mannheim, das zweite Cannes? | 13. Spotlight Werbefilmfestival überzeugte durch Vielseitigkeit[ Events ]
06.03.2010  |   Klicks: 4053   |   Kommentare: 3   |   Autor: PiWii
Mannheim, das zweite Cannes? | 13. Spotlight Werbefilmfestival überzeugte durch Vielseitigkeit
Naja, Mannheim liegt jetzt nicht gerade am Meer, wie Oberbürgermeister Peter Kurz feststellte, aber vergangenen Freitag konnte die Metropolregionsstadt, die immerhin anstrebt 2020 „Kulturhauptstadt“ zu werden, schon mal beweisen, dass sie Potential hat. Das größte deutsche Werbefilmfestival Spotlight fand zum ersten Mal in der Quadratestadt statt. Publikum und Fachjury bewerteten Werbespots von Profis und Newcomern. Nicht immer waren sie dabei einer Meinung.
„Mittlerweile freut man sich ja auf die Werbung, wenn man das Fernsehprogramm sieht“, stellte Helmut Zerlett fest, der an diesem Abend mit seiner Band für den musikalischen Rahmen der Veranstaltung sorgte. Wahrscheinlich meinte er damit weniger die Waschmittelspots mit nervig gut gelaunten Hausfrauen oder das Klingeltongedudel mit quäkenden, animierten Häschen. Die waren am gestrigen Abend aber zum Glück nicht vertreten.

Gekürt werden sollten die besten Werbespots in den Kategorien „TV & Kino“, „Web & Mobile“ und „No limits“. Letztere eine Sparte, die vor allem neuen Ideen in der Werbebranche und Pilotprojekten Raum schaffen soll. Unter vielen skurrilen Beiträgen, gab es einen Spot, der Publikum und Fachjury gleichermaßen überzeugen konnte. Die Hamburger Agentur DSG Dialog Solutions erhielt für ihren Spot „The Pen Story“, „den ersten Spot in Spielfilmlänge“, wie Kalkofe feststellte, von beiden Seiten Gold.



Dass Publikum und Fachjury übereinstimmen, war aber eher seltener der Fall an diesem Abend. In der Kategorie „Web & Mobile“ beispielsweise, vergab die Fachjury weder den ersten noch den zweiten Platz. Das Niveau sei einfach nicht gut genug gewesen. Das aus rund 2000 Personen bestehende Publikum sah das anders. Es platzierte die Evian Roller Babys auf den ersten Platz.



Alt bekanntes zieht eben immer noch. Süße Babys und Sex.
Apropos Sex. Auch in den Spots des Abends kam der nicht zu kurz. Ob graziöse Frauen auf pulsierenden Rossen, die für Mercedes werben, oder leicht bekleideten Schönheiten, die Lust auf Theater im ZDF machen sollen, mit am originellsten waren die Spots der „Love Life Stopp Aids“-Kampagne. In einer Reihe von jeweils nur fünf-sekündigen Spots wird eindrücklich vor den Risiken von unüberlegtem Geschlechtsverkehr gewarnt.



Es gab viele Spots und somit viele Preise zu verleihen. Der Abend zog sich gegen Ende etwas in die Länge, was Moderator Oliver Kalkofe mit Humor nahm und einige Danksagungen einfach strich. Das Publikum, das die einstündige Pause überstanden und den Weg zurück in den Saal gefunden hatte, wurde mit einem Liveauftritt von Max Mutzke belohnt, der 2004 von Stefan Raab entdeckt wurde und für Deutschland beim Bundesvision Song Contest den 8. Platz einheimste. Nach der offiziellen Veranstaltung gab er, zusammen mit Helmut Zerlett & Band noch ein Unplugged Konzert.

Von der neuen Werbekampagne des IPhone 4GS, über rappende deutsche Kartoffeln von Pfanni, bis zu Verbesserungsvorschlägen zu Günther Oettingers Englisch, die Themen waren lustig, unterhaltsam, aber auch kritisch und ernst. So gewann, in der Kategorie „TV & Kino students“ der Spot „Armut kennt viele Geschichten“ Gold vom Publikum. Der Student Alexander Lehmann räumte mit seinem Spot „Du bist Terrorist“ Gold von der Jury ab.



Beeindruckt hat auch die Agentur Serviceplan, die mit ihrem Spot für BMW den Nachbildeffekt bei Kinobesuchern nutzen, um die Marke zu verinnerlichen.

Es war ein abwechslungsreicher und gelungener Abend, an dem die Werbung ausnahmsweise wirklich unterhalten hat und bewiesen wurde, dass sie kreativer und unterhaltender sein kann, als so mancher Samstagsabendfilm. Und das Gute daran, wie Oliver Kalkofe feststellte, "alles ohne Werbeunterbrechung.“
 
3 Kommentare zu diesem Artikel
07.03.10, 20:16 Uhr #1 von Chico
mein Favorit war der allererste Spot, mit dem Bankräuber der durch die Strumpfhose niesen musste.... ich hab mich beömmelt!!
08.03.10, 10:22 Uhr #2 von pdmax
Fand die Veranstaltung allerdings schlecht konzipiert. Der endlos lange Block mit Spots und Abstimmungen hätte durch Moderationspausen aufgelockert werden können, die Stunde Pause hätte man Max Mutzke und Helmut Zerlett geben können - denn so waren viele Gäste schon gegangen, als es erst nach 23 Uhr zur Preisverleihung ging. Die Langatmigkeit der Veranstaltung wurde mit dem großen Aufbruch direkt nach Veranstaltungsende überdeutlich.

Außerdem war Kalkofe schlecht vorbereitet und unkonzentriert, wie es schien. Das fällt durch seine Kompetenz, vieles mittels Komik zu kitten, nicht so auf, aber Gäste verwechseln, Siegerehrungen vergessen, etc. sind eher peinlich als witzig. Und unhöflich ist es allemal, den studentischen Gewinnern mehr oder minder das Dankeswort (aus Zeitgründen) zu versagen - denn die hatten in der Summe die eindeutig besseren Spots.
08.03.10, 11:59 Uhr #3 von Polterfarbend
Kann mich meinem Vorredner nur anschließen. All diese Dinge sind mir auch negativ aufgefallen, was schade war, denn ansonsten wäre die Veranstaltung eigentlich gelungen.

Ich empfinde eine einstündige Pause (die dann auch noch gnadenlos überzogen wurde) schon als arge Geduldsprobe - auch wenn wir die Zeit für einen (fast) Mitternachtssnack bei der Fastfood-Kette unseres Vertrauens genutzt haben

Und Kalkofe hatte tatsächlich nicht gerade seinen besten Tag erwischt. Irgendwie hatte man das Gefühl, er hat gar nicht richtig Lust, die Veranstaltung zu moderieren.

Die Clips waren aber wirklich nahezu alle sehr gelungen!
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