Artikel: Beklemmender Insel-Alptraum im Kino: „Shutter Island“[ Film ]
26.02.2010  |   Klicks: 2970   |   Kommentare: 3   |   Autor: Polterfarbend
Beklemmender Insel-Alptraum im Kino: „Shutter Island“
„Shutter Island“, der neue Streich von Martin Scorsese basiert auf dem 2003 veröffentlichten Roman von Dennis Lehane. Bereits zum vierten Mal steht Leonardo DiCaprio für Altmeister Scorsese vor der Kamera und zeigt in dem perfekt inszenierten Psychothriller die Abgründe der menschlichen Psyche auf.
1954, Boston Harbor. Der US-Marshal Edward „Teddy“ Daniels (Leonardo DiCaprio) und sein Kollege Charles „Chuck“ Aule (Mark Ruffalo) lassen sich auf die isolierte Insel Shutter Island übersetzen, auf der eine psychiatrische Klinik für gefährliche Gewaltverbrecher und Psychopathen angesiedelt ist. In dem als ausbruchssicher geltenden Krankenhaus hat es einen mysteriösen Ausbruch einer Patientin gegeben, die ihre drei Kinder ertränkt hat.

Zwischen Zweitem Weltkrieg und Kaltem Krieg befindet sich die klinische Psychiatrie auf neuen Wegen: folterähnliche Behandlungsmethoden werden abgeschafft, erste Psychopharmaka setzen sich durch und ermöglichen eine humanere Behandlung der Patienten. Dennoch umgibt die Anstalt ein unheimlicher Charme und das Klinikpersonal einschließlich des Klinikchefs (hervorragend von Ben Kingsley gespielt!) geben sich mäßig kooperativ und scheinen die Ermittlungen des US-Marshals eher zu behindern als zu unterstützen.

Schnell wird dem Zuschauer klar, dass irgendetwas in der Klinik nicht stimmt. Wahrheit und Lüge beginnen, in einem undurchdringlichen Labyrinth miteinander zu verschwimmen und der dringende Verdacht nach Verschwörung macht sich breit. Als Daniels ein dunkles Geheimnis aufzudecken droht, legt sich eine immer enger werdende Schlinge um seinen Hals. Versorgt ihn das Klinikpersonal heimlich mit halluzinogenen Drogen? Ist es Zufall, dass Daniels dem Fall auf Shutter Island zugeteilt wurde oder hat doch ein Geheimdienst seine Finger im Spiel?

Und dies sollen nicht die einzigen Probleme sein, mit denen sich der abgebrühte Marshal abzugeben hat. Vielmehr plagen ihn eigene Dämonen, der schmerzvolle Verlust seiner geliebten Frau, die in einem Feuer ums Leben gekommen ist und auch die traumatischen Erinnerungen an die KZ-Befreiung in Dachau, an der er als US-Soldat beteiligt war, holen ihn Nacht für Nacht ein und rauben ihm den Schlaf.

Das Spiel mit Traum, Trauma und der Illusion geht in einer effektreichen Inszenierung auf und hinterlässt eindrucksvolle Bilder im Kopf des Zuschauers. Vor Allem Bildgestaltung und die an den Film Noir angelehnte Beleuchtung erzeugen einen Strudel, in den der Zuschauer hineingezogen wird und der keinen Ausweg aus der eng gestrickten Geschichte erlaubt. Kameramann Robert Richardson, der schon an Meisterwerken wie „Platoon“ und „Geboren am 4. Juli“ mitgewirkt hat, hat in „Shutter Island“ wieder einmal ganze Arbeit geleistet. Rasante Kamerafahrten und unerwartete Kameraschwenks unterstreichen die unheimliche und klaustrophobische Atmosphäre der geheimnisvollen Insel. Nicht umsonst fühlt man sich an vielen Stellen an Kubricks „Shining“ erinnert.

Mehr soll an dieser Stelle jedoch nicht verraten werden, denn „Shutter Island“ lebt von der Erzählung, von überraschenden Wendungen und dem Spiel mit der Illusion. Das zentrale Motiv des Romans – Schuld und Verlust – wird in der filmischen Adaption perfekt umgesetzt. Wer keine Angst vor Überlänge sowie einer eindrucksvollen (und beinahe schon übertriebenen) effektvollen Inszenierung hat und hinter „Shutter Island“ keinen klassischen Horrorfilm mit linearem Plot erwartet, dem kann der Film ohne jegliche Einschränkung empfohlen werden.


Hier ein kleiner Vorgeschmack:



Fotos: © Concorde Filmverleih
 
3 Kommentare zu diesem Artikel
27.02.10, 00:25 Uhr #1 von etoile
der film hat ja ein wahnsinns ende !
Dieser Eintrag wurde 1 mal editiert, zuletzt 27.02.10, 00:25 Uhr
28.02.10, 12:58 Uhr #2 von Mr_Pink
Überragender Film mit einem Ende, wie ich es liebe. Der halbe Kinosaal wird nach 138 Psycho-Minuten verwirrt in die verregnete Mannheimer Nacht entlassen. Finde auch gerade die "eindrucksvolle (und beinahe schon übertriebene) effektvolle Inszenierung" sehr passend. Ist vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß, aber mit einer Vorliebe für die "Alte Schule" die perfekte Rahmenbedingung für so einen Film.
01.03.10, 11:06 Uhr #3 von pdmax
Finde den Film auch gut, auf keinen Fall schlecht! Wirklich sensationell ist, wie von Mr_Pink angesprochen, die Inszenierung. Geniale Einstellungen, Farbgebung, Weichzeichnung - toll

und die handlung ist auf jeden fall cool, es ist jetzt nicht der stoff für einen meilenstein, aber auf jeden fall sehenswert
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